Einmal im Monat wünsche ich mir ein Zelt.

Schön, groß, luftig, mit Teppichen und Pölstern ausgelegt. Wenn ich hineinschlüpfe, duftet es nach Rosenblättern und Sandelholz oder doch Orangenblüten und Vanille? – Egal! Je nach Laune, suche ich mir den Duft aus, der zu mir und meiner Stimmung passt. Ich wünsche mir so ein Zelt, wie man es öfters in „Glamping-Reiseberichten“ sieht. – Eine Mischung aus Camping und Glamour, aus Schlichtheit und Luxus: nicht mit Zuvielem ausgestattet, doch gerade genug, dass es guten Komfort bietet. (Beheizt müsste es schon sein und die Hülle aus dickem wasserabweisenden gewachsten weißen Twill.)

Meine Frauen-Generation

Ich bin in einer Generation aufgewachsen, wo Mädels den Turnunterricht nicht zu „schwänzen“ brauchten, nur weil sie ihre Regelblutung hatten.

O.B. Tampons liesen “die Tage” als normale Tage leben.

Das war eh sehr fein und den Sportunterricht mochte ich sowieso.

Auch später, als junge motivierte Mutter, ging das Tempo während diesen Tagen rasant weiter. Das Schonen vom Alltag – es war “im Wochenbett” gewesen – lag schon lange hinter mir.

Meine Frauen-Generation (ich werde Anfang nächstes Jahr 50) ist mit den Auswirkungen des Feminismus, der Gleichberechtigung und der (theoretischen) Gleichstellung von Mann und Frau aufgewachsen. Ich bin dankbar, in dieser Zeit und in dieser Gesellschaft aufgewachsen zu sein und in der heutigen zu leben. – Selbst wenn gleichwertige Tätigkeiten noch immer nicht gleichwertig bezahlt werden.

(#equalday: in Österreich arbeiten Frauen im Vergleich zu Männer mit der gleichen Tätigkeit bis Ende Februar sozusagen gratis!)

Für uns selbstverständlich

In unserer Kultur und in unserer Zeit ist es selbstverständlich, dass wir Frauen den Beruf ausüben dürfen, den wir wollen. Dass wir sagen dürfen, was wir meinen. Dass wir heiraten dürfen, wen wir wollen, falls wir wollen… Wir verfügen freier über unseren Körper und unseren Geist. Wir sind freier und unabhängiger als unsere Mütter – und viel freier und unabhängiger als unsere Großmüttergeneration.

Einmal im Monat sich ausklinken

Jetzt, wo ich älter werde, (seit ich 40 bin), kommt immer öfters der Wunsch hoch, mich eine Woche im Monat vom Tempo und von der Leistung ausklinken zu können. Auch wenn „der hormonelle Wechsel“ vielleicht schon hinter der nächsten Ecke steht und winkt, sehne ich mich nach Veränderung. Ich erlebe einmal im Monat die blutenden Tage als sehr intensive und anstrengende Tage:

Während meiner Periode bin ich nicht das Energiebündel per se. Ich habe starke Blutungen und Krämpfe (danke liebes Myom für deine perfekte Lage), ich fühle mich ausgelaugt und manchmal auch etwas niedergedrückt (am dritten Tag meines Zyklus). Das Hoch des Eisprunges – und die unbeschwerte Lust worauf auch immer – lässt noch mindestens 10 Tage auf sich warten.

Spätestens da, ab den 3. Zyklustag, wünsche ich mir für ein paar Tage ein Zelt.

Ich würde patzig sein und keiner würde es mitbekommen (und leicht amüsiert fragen, ob ich vielleicht meine Tage hätte), gleichzeitig würde ich über mich selbst lachen und vor allem mir selbst noch viel mehr Gutes tun oder tun lassen.

Unreine Zeit

Als junges Mädchen war ich sehr empört über das Ausgrenzen von Frauen im Orient. Wenn ich gelesen habe, dass Frauen während ihrer Periode als “unrein” galten – so wie zum Beispiel im “Alten Testament” bei den Hebräern. Die Frauen durften nichts anrühren, nichts tun, bekamen extra zu essen, hatten extra dafür Geschirr … und wohnten abgesondert in einem Zelt.

Dieses Bild des Zeltes während der Regelblutung einer Frau hat sich in mir verankert und in etwas positives verwandelt (bestimmt sehr verklärt und unabhängig von der gesellschaftspolitischen Relevanz):
Heute sehe ich diese Tage in meinem Geiste als „Glamping-Urlaub“ und als „Detoxing-Tage“; als Auszeit vom Tempo und Anforderungen des Alltags.

Auszeit vom Alltag:

  • Ausgeklinkt sein vom Alltag, abgeschieden von der Außenwelt. – Selbst wenn so ein Zelt bei uns im Garten stünde.
  • Die Laute von außen würden durch die schweren Zelttücher kaum ins Innere dringen. Weder Corona- noch Terroranschläge-Nachrichten würden durchdringen. Auch kein Internet und kein W-Lan.
  • Ich würde eine Woche im Monat in dieses Zelt ziehen, keine Verpflichtungen haben, es würden keine Anforderungen an mich gestellt, ich würde weniger arbeiten, hätte keine Termine einzuhalten und würde mich auch nicht in Angelegenheiten anderer (Familienmitglieder) einmischen (=„mitgschafteln“).
  • Naja, mein Mann – für mich der beste aller besten Ehemänner – dürfte schon auch in mein Zelt kommen und dort mit mir Urlaub vom Alltag machen…
  • Ich würde von einer anderen Frau bekocht werden, Waschungen und Massagen erhalten und hätte sie dann ihre Regelblutung, würde ich für sie kochen, ihr Kneippwickel und Massagen verabreichen. (Ich weiß schon, zeitlich-rechnerisch wäre das schwer machbar, da wir beide zwei Wochen im Monat dafür in Anspruch nehmen würden).

Egal, ich träume weiter:

ich werde bekocht mit basischem Essen, köstlichen Tees und pflanzlichen eisenhältigen Säften und leckeren Suppen. Ich erhalte Wickel, Waschungen und Massagen mit kostbaren Seifen und Ölen. Ich trage feinstes luftiges Leinen an mir. Darüber wärmende zarte feine, kuschelige (nicht kratzende) Wolle, warme, feine Wollsocken (im Herbst und Winter; sonst bin ich barfuß); keinen BH. Nichts klemmt, nichts schnürt ein. Mein Bauch ist frei und darf bluten…

Träume sind Schäume, lernte ich – ganz nebenbei – schon als Kind.

Doch Träume können anfangs ein klitzekleines Funkeln in den Alltag bringen und später auch ganz praktisch und größer werden.

So eine “Zeltzeit” zu haben, muss nicht wirklich bedeuten, einen „Glamping-Urlaub“ einmal im Monat während der Regelblutung zu absolvieren.

Die Detoxing-Idee lässt sich schon eher umsetzen

Heruntergebrochen für den Alltag bedeutet das für mich verschiedenstes: ich begegne mir achtsam und wohltuend. Wohltuende Dinge können „Kleinigkeiten“ sein. (- Auch wenn das Niveau sehr hoch ist. Ich weiß das und ich bin über meine Lebensumstände hier in Österreich sehr dankbar.)

  1. Ich gestehe mir ein, dass ich in der ersten Zykluswoche leiser treten darf.
  2. Ich muss nicht mein volles Arbeitspensum leisten. Das heißt zum Beispiel: anstatt an der Töpferscheibe zu sitzen und den Raum meiner krampfenden Gebärmutter noch zusätzlich einzuquetschen und zu verkleinern, werde ich stattdessen kleine Aufgaben im Atelier und im Haus im Stehen erledigen und anschließend einen Spaziergang machen.
  3. Ich achte auf meinem Körper. Tue ihm Gutes: ich nehme ein Bad, bürste meine Oberschenkel, meinen Bauch, meinen Po, … pflege meinen Körper mit wertvollem Öl, vermengt mit ein paar Tropfen Lavendelöl. Ich gestehe, zur Körperpflege nehme ich das nicht regionale Mandelöl, denn ich kann mir schwer vorstellen, Leinöl auf meinen Körper zu streichen. ( Zur Erklärung: ich lebe im Mühlviertel.)
  4. Ich mache keinen Sport, sondern stattdessen moderate Bewegung (Spaziergang); inklusive einem „Cantienica-Training“.
  5. Tanzen wäre auch fein.
  6. Ich trage bequeme Kleidung: zum Beispiel Hosen, die Platz für Wärmeflaschen haben (von femitale).
  7. Ich erlaube mir, patzig zu sein (wenn auch nicht zu sehr) und gleichzeitig über mich selbst zu lachen und nicht allzu ernst zu nehmen.

Foto: femitale

Realitycheck:

Es ist elf Uhr vormittags und ich fange gleich mit dem Kochen an. Wir haben Woche 2 vom strengen Lockdown II (Lockdown I siehe h i e r) und unser Haus ist mittags voller hungriger Männer (Ehemann und arbeitender und studierender Söhne). Soviel zu meinem Wunsch, in der Zykluswoche eins, ein eigenes Zelt zu haben – inklusive eigener Köchin.

Ich muss aufpassen, wenn ich Wein predige, nicht nur Wasser zu trinken. – Oder ist es umgekehrt?

Also: nach meinem Dienst als Köchin, ich koche übrigens gerne, werde ich mir (mit Wärmeflasche) ein Mittagsschlaferl gönnen, nach der Arbeit im Atelier einen Spaziergang in der frischen Luft machen und danach eine dampfende Tasse Kräutertee trinken. Oder wird es doch Kaffee werden? Abends nehme ich ein Bad und gönne mir anschließend eine Bürsten- und Ölmassage.

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Meine Fragen an dich:

Was hältst du von so einer “Zeltwoche” pro Monat? Wie würdest du deine „Zeltwoche“ gestalten, in welcher Lebenszeit du immer auch stehst?
Sollten wir Frauen uns mehr solidarisieren? Uns gegenseitig mehr unterstützen?  – Würde so unsere gelebte Weiblichkeit die Gesellschaft verändern? Wenn ja, wie?

Mein Fazit:

Leben wir mit unserer Weiblichkeit und mit unserem Zyklus. Behandeln wir uns selbst gut! Gestehen wir uns ein, verschieden hohe Energielevel während eines Zyklus und während unserer Lebenszeit zu haben. Leben wir MIT unseren Hormonen anstatt gegen sie.

Leben wir als Frauen von heute doch weiter, was Frauen im vorigen Jahrhundert für uns alles vorbereitet haben. Gestalten wir unsere Zukunft mit: Aktiv. Nutzen wir unser Wahlrecht. Formen wir mit unseren Begabungen und Tätigkeiten die Gesellschaft. Prägen wir mit unserem Leben als Frau die Menschen von morgen. Setzen wir uns für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit ein. Stehen wir gegen Unrecht auf! Setzen wir uns für schwächere ein. Unterstützen wir Frauenprojekte (in anderen Kontinenten).

Wir können den Esprit vergangener beeindruckender Frauenpersönlichkeiten weitertragen und ihr Erbe weiter entwickeln…Auf jeden Kontinent, in jeder Gesellschaftsschicht, nicht trotzdem wir Frauen, sondern weil wir Frauen sind!

PS. Man darf ja wohl noch träumen, vom eigenen Zelt im Garten, von Frauen und Gleichberechtigung, … –  und kleine Funken davon in den Alltag lassen. Du weißt: auch kleine Funken können eines Tages große Auswirkungen haben.