Joggen – (M) ein Revival

Das erste Mal kam ich mit dem Joggen in Berührung, als ich Laufen musste.

-In der Hauptschule; damals hieß es noch “Cross Country Lauf”. Wir liefen beim Laufwettbewerb mit Frotteestirnband und lutschten vorher “Dextroenergen”. Hallo 80-er! Nach dem Sportunterricht in Hauptschule und Gymnasium beendete ich meine Laufkarriere. Als Studentin war tanzen (und küssen) viel wichtiger …

Das nächste Mal begann ich nach der Geburt vom ersten Kind zu laufen.

Animiert von einem uralten Buch von …wie hieß der noch mal? -Nein, nicht der Strunz, der war erst viel später; ein Amerikaner, der den Fitnesstrend – Aerobic – prägte. Ich muss googeln. Ist egal, ich finde ihn nicht.** Also ihm habe ich zu verdanken, dass ich ca. ein Jahr nach der Geburt von Jakob zu laufen begann. Zuerst 5 Minuten, dann 8, dann 12… nach einem Monat schaffte ich eine halbe Stunde. Damals wohnten wir noch in Kottingbrunn und die Gegend war super flach. Wir wohnten in einem “Schwedenhäuschen” mit riesigen Föhren, Hühnern und einem Mandelbaum im Garten.

Ein Jahr später zogen wir nach Oberösterreich, ins Mühlviertel, zurück. Willkommen Hügel, willkommen Schnappatmung! (Okay, ganz so arg war es dann doch nicht).

Ich kaufte mir mein erstes Paar Joggingschuhe; – ein Paar Addidas* mit der ersten Fersendämpfung und Pronationsstütze. Und ich verliebte mich. – In das Laufgefühl.

Jahre später, nach einem zweiten Kind, superdünn (ja, ich ließ auch die “perfekte Figur Phase” nicht aus), einer Praxis für Ergotherapie mit langer Warteliste (ich war die einzige im Bezirk), einem vielbeschäftigten Ehemann (er ist Unternehmer), … wurde mir alles zuviel.

Das Burnout war noch keine gängige Diagnose; und ich wusste überhaupt nicht, was mit mir los war.

Da hörte ich zu laufen auf.

Ich hatte keine Kraft, keine Energie und keine Lust mehr. Von heute auf morgen stoppte ich das Laufen und es ging mir (durch den Bewegungsentzug) noch schlechter.

Mein Alltag war: funktionieren, zwei lebhafte Jungs schaukeln, den Haushalt, die Praxis, … und ich  reagierte bei der kleinsten Irritation (es reichte ein Telefonläuten) mit Panikattacken. Gingen mein Mann und ich “Wellnessen”, fing ich zu weinen an, sobald ich mich entspannte. Das war nicht sehr sexy, aber notwendig.

Nach langen (langwierigen) Prozessen, unterstützt von liebevollen Therapeuten, Ärzten und Freunden, lernte ich: Neinsagen, Grenzen zu ziehen, mich selber wahrzunehmen… – Auf meine Bedürfnisse zu achten, und mich selbst wichtig zu nehmen; mich selbst so zu behandeln, wie ich andere behandeln würde.

Es tauchte auch wieder der Wunsch auf zu laufen, – doch ich konnte es nicht mehr (so wie ich es gewöhnt war).

Ich war 10 Kilo schwerer, kam immer gleich aus der Puste, und schaffte es nur, unseren Hügel neben dem Haus abwärts zu laufen. Bergauf musste ich gehen. “Na gut”, dachte ich mir, “dann beginne ich halt zu walken.” Das war damals eh gerade ein beginnender Trend. Danach folgte schnelles Gehen mit “MBT-Sandalen” (Sandalen mit einer weichen, wie eine Schauckel geformte Sohle; – sorry, das ist nicht gerade professionell erklärt). “Das ist ohnehin besser für das Gleichgewicht”, sagte ich mir. Jahre später kam der Hund; also mein erwachsener Sohn bekam ihn …

Nun bin ich längst über 45 und seit ein paar Wochen laufe ich wieder.

Die Lauflust überfiel mich an einem frühen Morgen an einem wunderschönen Wochenende; nach einem langen Winter und kalten Frühling. Ich war gerade für 2 Tage mit Freundinnen weggefahren. Am ersten Morgen schlichen sich eine Freundin und ich frühmorgens aus dem Haus, um eine Runde spazieren zu gehen.

“Was hältst du davon, wenn wir laufen?”, fragte ich.

Los ging´s! Wir machten dabei ein Spiel: Eine nannte ein sichtbares Ziel, zu dem wir hin “joggelten”; waren wir dort, nannte die nächste ein weiteres sichtbares … So schafften wir es von Ziel zu Ziel; auf ein Berglein, wo wir oben die schöne Aussicht genossen.

Aha, ich muss langsamer laufen! Ich bin keine 25 mehr, auch keine 35 (und auch keine 45)!

Ich muss langsamer beginnen!

Viel, viel langsamer. Mit Bedacht laufen, auf eine gute Bewegungsabfolge achtend, das ist nun wichtig. Ich spüre dabei, dass sich mein Kreuzbein lockert, meine Früße sich gut abrollen, meine Beine langsame (und geschmeidige) Bewegungen machen.

Vielleicht schaut es gar nicht so aus, doch für mich fühlt es sich gut an. Das passt für mich: das Laufen im Wald hinter unserem Haus; 20 Minuten lang, 2-3 Mal in der Woche; ohne Leistung, ohne Druck, ohne Wettbewerb!

Danach geht es in unseren feinen Naturpool*, den wir seit zwei Jahren haben.

Ich bin dankbar, … und glücklich!

 

**PS: das Buch heißt: “Bewegungstraining für die Frau” von Mildred und Kenneth H. Cooper, (die 1. Auflage stammte von 1975)  – Ich habe es im Bücherregal, ganz hinten gefunden.

 

PPS: ja, so klar kann das Wasser eines Naturpools sein :-)

 

* unbeauftragte und unbezahlte Werbung von ordentlichen Laufschuhen und Naturpools ;-)

 

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